Astronomie - down under
Reisebericht, Teil 2
Nationalflagge Australiens

Das 64 Meter Radioteleskop in Parkes Parkes Observatory

Wir erreichen nach einigen Kilometern das Observatorium und stehen vor einem faszinierenden Gebilde: Ein kleines, dreistöckiges, rundes Häuschen trägt eine riesige Schüssel von 64 m Durchmesser! Wie schon die in den letzten Tagen besuchten Radioteleskope ist auch dieses Teil der ATNF. Nach großen Finanzierungsproblemen konnte 1956 endlich mit der Planung dieses ersten Radioteleskops der südlichen Hemisphäre begonnen werden. 1959 war die Planung beendet, und der Bau konnte begonnen werden. Gebaut wurde das Teleskop übrigens von der deutschen MAN (Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG). Am 31. Oktober 1961 fand die Eröffnung statt.

Obwohl das Teleskop also bereits mehr als 30 Jahre alt ist, wird es nach wie vor intensiv in der Forschung eingesetzt. Dies ist natürlich nur bei laufender Modernisierung möglich. So wurde bereits 1964, also nur drei Jahre nach der Eröffnung, mit der Verbesserung der Schüsseloberfläche begonnen. Ursprünglich war die Oberfläche für eine Wellenlänge von 21 cm ausgelegt. Die inneren 17 m der Schüssel waren mit verschweißten Stahlplatten bedeckt, der Rest mit 8 mm Draht. Im Jahre 1983 waren bereits 44 m mit Stahlplatten versehen, während die inneren 17 m mit hochpräzisen Aluminiumplatten bedeckt wurden. Die bisher letzte Änderung der Oberfläche gab es 1988. Diesmal wurde eine holografische Technik verwendet: Mit Hilfe eines Satelliten wurden Unebenheiten der Oberfläche exakt festgestellt.

Aber nicht nur die Oberfläche wurde laufend verbessert, auch die Steuerungs- und Auswertungseinrichtungen veränderten sich im Laufe der Zeit. Das heutige Steuerungssystem (bestehend aus VAX- und PDP-Computern) erreicht eine Positioniergenauigkeit von 0,003° - nicht schlecht für ein Teleskop mit einem Durchmesser von 64 m und einer Masse von etwa 1000 Tonnen! Selbstverständlich wurden auch die Empfänger und die Zusatzgeräte laufend erneuert bzw. modernisiert.

Was wird nun mit diesem Teleskop gemacht? Schwerpunkt ist natürlich die Radioastronomie. So wurde zum Beispiel 1963 der erste Quasar identifiziert und 1982 der Quasar PKS 2000-330 entdeckt. 1991 gelang Wissenschaftern von Parkes die Entdeckung von 10 Pulsaren in einem Kugelsternhaufen. Diese Entdeckung war sehr bedeutend, da sie die Anzahl der bekannten Pulsare dieses Typs (Millisekunden-Pulsare) verdoppelte. Neben der Radioastronomie wird das Teleskop auch immer wieder zur Kommunikation in der Raumfahrt eingesetzt. So wurden die legendären Bilder von der ersten bemannten Mondlandung u.a. von Parkes empfangen. Die Daten des Rendezvous der europäischen Kometensonde Giotto mit dem Halleyschen Kometen am 14. März 1986 wurden von Parkes empfangen und dann zur ESOC (European Space Operations Centre) nach Deutschland übertragen. Geplant ist ein Einsatz des Radioteleskops auch bei der Suche der NASA nach außerirdischen Lebens. Ab November 1994 sollen dazu 172 Sternsysteme "belauscht" werden.

Der Empfänger des Radioteleskops von Parkes

Steuerungs- und Auswertungseinrichtungen in Parkes Wir befinden uns gerade im sehr gut eingerichteten Visitor Center, wo unsere Spezialtour beginnt. Richard Twardy, der Manager des Ausbildungs- und Besucherzentrums, zeigt uns die Innereien des Teleskopgebäudes, das vor allem aus Computern besteht. Wir sehen die vorher erwähnten Rechner an der Arbeit. Auch sprechen wir kurz mit einem anwesenden Radioastronomen. Dann ist es wieder einmal Zeit Abschied zu nehmen. Wir bedanken uns für die sehr interessante Führung und begeben uns mit dem Auto auf eine lange Fahrt (mehr als 300 km) in die australische Hauptstadt Canberra.

Die Hauptstadt Canberra

Der Grund unseres Besuches liegt in einigen astronomischen Einrichtungen, die es in der Hauptstadt gibt. Zunächst kann man sich das National Science and Technology Centre anschauen. Es bietet täglich von 10 bis 17 Uhr "Naturwissenschaft und Technologie zum Anfassen". Weiters gibt es in der Stadt noch das Canberra Observatory, eine Volkssternwarte, die jede klare Nacht Führungen durchführt.

Wir verlassen Canberra in westlicher Richtung und erreichen nach ca. 15 km - noch im Hauptstadtterritorium - das Mt. Stromlo Observatorium. Dieses Observatorium steht im Eigentum der ANU und ist Teil der schon weiter oben bei Siding Spring erwähnten Mt. Stromlo & Siding Spring Observatories research school. Die ursprüngliche Mt. Stromlo Sternwarte wurde 1924 von der Bundesregierung errichtet. Da die Lichtverschmutzung durch die Nähe Canberras immer mehr zunahm, entschied man sich 1962, alle weiteren astronomischen Aktivitäten nach Siding Spring zu verlegen. 1980 wurde dann das Schmidt Teleskop der Universität Uppsala (Schweden) von hier nach Siding Spring gebracht. Übrig blieb vor allem das 74 Zoll (1,9 m) Teleskop, das aber auch sehenswert ist.

Wir fahren nun weiter und kommen nach ca. 25 km zur Tidbinbilla Deep Space Tracking Station. Diese Einrichtung ist Teil des Deep Space Communication Networks der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Es dient u.a. zur Kommunikation zwischen dem JPL (Jet Propulsion Laboratory der NASA in Kalifornien, USA) und Raumfahrzeugen (z.B. Sonden, Shuttles). Auch ein Visitor Center ist vorhanden.

Von Canberra bis Woomera

Nun geht's in den Bundesstaat Victoria, wo wir zunächst den Wilson Promotory National Park, ein uraltes Granitvorgebirge (Teil der ehemaligen Landbrücke zu Tasmanien), das ein erstaunliches Spektrum von Landschaftstypen und Vegetationszonen bietet, besuchen. Zweites Ziel ist die 102 kmy große Insel Phillip Island, die am besten propagierte Attraktion Victorias (Küstenformationen, Pinguinparade). In den nächsten Tagen genießen wir die bekannte Great Ocean Road. Die Küstenlandschaften, die wir dabei zu Gesicht bekommen, gehören mit Sicherheit zu den schönsten und atemberaubendsten Dingen Australiens.

Dann kommen wir in den Bundesstaat Südaustralien, wo wir zunächst Mt. Gambier (Kraterseen), Hahndorf (zweitälteste deutsche Siedlung auf australischem Boden) und das Barossa Valley (Weinbau) besuchen. In der Hauptstadt Adelaide tauschen wir unser Mietauto gegen einen Allrad-Geländewagen, mit dem wir dann nach Norden zu unserem nächsten Ziel, die 1900 Einwohner zählende Ortschaft Woomera, aufbrechen.

Woomera

Doch Woomera ist nicht irgendeine Kleinstadt, sondern Zentrum des gleichnamigen Raketenversuchsgeländes. Woomera wurde 1947 als ein gemeinsames Projekt von Australien und Großbritannien zum Testen von Raketen gegründet. Später war Woomera Test- und Entwicklungszentrum der ELDO (European Launcher Development Organization), die die europäischen Raketen zwischen 1964 und 1970 entwickelte und baute. Zwischen 1960 und 1972 betrieb die NASA am Salzsee Island Lagoon ca. 25 km südlich von Woomera eine Deep Space Tracking Station.

Zwei Satelliten wurden von Woomera aus in ihre Umlaufbahnen gebracht. Einer davon - WRESAT - wurde in Australien von der Defence Science and Technology Organisation (DSTO) entworfen und gebaut. Australien war damit das vierte Land (nach der ehemaligen Sowjetunion, USA und Frankreich), das einen Satelliten startete. Woomera ist der einzige Raketenstartplatz der südlichen Hemisphäre, der die Bergung von Nutzlast an Land erlaubt. Dies hat besondere Bedeutung bei Erkundungsraketen, die kurz in eine große Höhe gebracht werden, dort bestimmte Daten sammeln und dann mit diesen Daten wieder zurück auf die Erde kommen. Derartige Starts gab es 1987 durch Deutschland und durch die NASA, um Daten von der Supernova 1987A zu bekommen. Ehemalige Raketenabschußrampen in Woomera

Aber es gibt auch negative Sachen über Woomera zu berichten. In den 50er und 60er Jahren experimentierte in diesem riesigen Testgelände die britische Armee mit Zustimmung der australischen Regierung mit Atomwaffen. Die damals dort lebenden Pitjantjatjara wurden in das Yalata-Reservat in der Nullarbor Plain umgesiedelt. Diejenigen dieser nomadisierenden Ureinwohner, die nicht erfaßt werden konnten, dienten als unfreiwillige "Versuchskaninchen". Das ganze Ausmaß der Verseuchung ist bis heute unklar. Auch gibt es keine konkreten Angaben darüber, wie viele der Aboriginies an den Folgen der radioaktiven Strahlung starben oder erkrankten.

Ausgestorbenes Kontrollzentrum von Woomera Natürlich sind auch wir an Woomera interessiert, ansonsten wären wir wohl nicht hier. Zwar haben Besucher bereits seit 1982 Zutritt zum Ort Woomera, das Testgelände ist jedoch nach wie vor militärisches Sperrgebiet. Daher besorgten wir uns bereits vor der Abreise über das Defence Support Centre Woomera (DSCW) eine Erlaubnis vom australischen Verteidigungsministerium für einen Besuch der "verbotenen Zone". So werden wir dann auch im DSCW-Hauptquartier freundlich vom Area Control Officer Bob Dyer empfangen. Nach einem kurzen einführenden Gespräch fährt er mit uns zum Testgelände. Er zeigt uns die Reste von Raketenstartplätzen und das ausgestorbene Kontrollzentrum. Sofort fällt uns auf, daß es derzeit kaum Aktivitäten in Woomera gibt. Bob bestätigt dies auch, meint jedoch, daß in der nächsten Zeit wieder australische Raketen (AUSROC) von hier gestartet werden sollen. Er führt uns daraufhin auch zum geplanten Startplatz, an dem man jedoch noch nicht sehr viel erkennen kann.

Nach ca. drei interessanten Stunden auf dem Testgelände verabschieden wir uns von unserem ausgezeichneten Führer. Im Woomera Heritage Centre (im Sommer geschlossen!) und dem davor liegenden Missile Park informieren wir uns noch über die Geschichte des Testgeländes.

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