Astronomisches in Mexiko
Reisebericht, Teil 1
Nationalflagge Mexikos

Grundlage für den folgenden Bericht ist meine Mexiko-Reise im September 1992, die ich gemeinsam mit Herbert Wagner absolvierte. Ich will aber nicht genau die tatsächliche Reise beschreiben, sondern vielmehr eine fiktive Route, die für astronomisches Sightseeing optimiert ist, behandeln. Natürlich kommen dabei auch nichtastronomische Sehenswürdigkeiten nicht zu kurz, wenngleich sie in diesem Artikel naturgemäß eher nur am Rande erwähnt werden. Also verlieren wir nun keine Zeit mehr: Los geht's!

Nach zwölfstündigem Flug haben wir erstmals mexikanischen Boden unter unseren Füßen und "genießen" das tropische Klima (bei nahe 100% Luftfeuchtigkeit und ca. 30°C) in Acapulco. Zwar hat Acapulco einen bekannten und gut klingenden Namen, ein Urlaub dort ist aber - vor allem wegen des dreckigen Ozeans nicht unbedingt empfehlenswert. Aus diesem Grund besorgen wir uns auch sofort am Flughafen ein Mietauto und begeben uns in Richtung Oaxaca. Nach ca. 260 km Fahrt auf der Küstenstraße biegen wir nach links ab und erreichen nach weiteren 400 km die Stadt Oaxaca. Diese erste große Fahrt hat unsere schlimmsten Befürchtungen bezüglich des Straßenzustands noch bei weitem übertroffen. So endeten Straßen ohne Ankündigung in ca. 20 m breiten Flüssen oder es fehlten Teile von Straßen gänzlich, natürlich auch ohne Vorwarnung. Ortsdurchfahrten sind entweder schlaglöcherübersäte Erdwege oder bodenschwellenverseuchte Asphaltstraßen. Trotzdem haben wir also nun Oaxaca erreicht, wo wir zunächst mal ein Hotel suchen, Essen gehen und einen Stadtbummel (prächtige Kirche Santo Domingo, Regionalmuseum mit Mixtekenschatz) unternehmen. Doch diese Stadt hat auch astronomisch etwas zu bieten: Auf dem Hügel Cerro de Fortin, etwa 100 m über der Stadt, befinden sich ein Planetarium und eine Sternwarte, die wir natürlich sogleich aufsuchen. An den nächsten beiden Tagen besuchen wir noch in der Umgebung von Oaxaca den Baum von Tule (10 km östlich; riesiges Exemplar einer Zypressenart, dessen Alter auf 2000 Jahre geschätzt wird und der einen Umfang von 42 m hat) sowie die Ruinenstätten in Monte Alban (l0 km südwestlich; sehr bekannt), Mitla (42 km östlich, kunstvolle Steinornamentik) und Yagul (36 km östlich).

Nun ist es Zeit Oaxaca zu verlassen. Wir fahren etwa 40 km auf der MEX 190 in nördlicher Richtung bis wir zur MEX 131 kommen, auf der wir rechts abbiegen. Nach ca. 400 km erreichen wir unser Ziel, die Stadt Puebla, wo wir uns sofort ein Hotel suchen um uns von der langen Fahrt auszuruhen. Puebla bietet uns Touristen zahlreiche Sehenswürdigkeiten, wie die Kathedrale und das Mandelkuchenhaus, die wir uns auch gleich am nächsten Morgen anschauen. Am Nachmittag machen wir eine Rundfahrt in die Umgebung von Puebla. Wir besuchen dabei die Ruinen von Cholula (mit der dem Umfang nach größten Pyramide der Welt) und die Kirchen von Acatepec (wunderschöne Fassade) und Tonantzintla ("einzigartiger" Innenraum, wirkt jedoch schon sehr überladen!). Der Ort Tonantzintla ist aber auch in der astronomischen Welt ein Begriff.

Unweit der Kirche befindet sich nämlich eine 1942 errichtete staatliche Sternwarte, die mit einem 40 cm Schmidt-Teleskop ausgerüstet ist. Diese Sternwarte gehört zum "Instituto Nacional de Astrofisica, Optica y Electronica (INAOE)" (Nationales Institut für Astrophysik, Optik und Elektronik). Bekannt wurde diese Sternwarte u.a. durch den "Arizona-Tonantzintla Katalog", einem fotometrischen Sternenkatalog. Selbstverständlich wollen wir diese Sternwarte auch von innen sehen. Beim Versuch, in die Sternwarte hinein zu kommen, merken wir jedoch sofort, daß wir hier nicht in den USA sind, wo es bei fast allen Sternwarten Besucherzentren u.ä. gibt. Die Torwächter haben kein Interesse uns Touristen hinein zu lassen. Aber, wir sind ja keine normalen Touristen - nein, wir sind Amateurastronomen! Wir gehen also nochmals zu dem Torwächter und präsentieren ihm unsere Visitenkarte (mit dem Logo der burgenländischen Amateurastronomen). Was nun geschieht, gleicht einem Wunder: Wir dürfen in die Sternwarte hinein und werden von Dr. Manuel Corona (zuständig für Kosmologie und relativistische Hydrodynamik) persönlich empfangen! Dr. Corona ist sehr an uns Österreichern interessiert, weil er recht gut Deutsch spricht. Nach dem Austausch einiger Informationen wird uns die gesamte Sternwarte gezeigt. Wir haben auch die Möglichkeit, mit einem Astronomen, der gerade am Fernrohr arbeitet, Erfahrungen auszutauschen. Nachdem wir uns alles angeschaut und als Geschenk zwei astronomische Fotos bekommen haben, begeben wir uns mit unserem Mietauto wieder zurück nach Puebla, wo wir eine weitere Nacht verbringen.

Am nächsten Tag geschieht dann das Unvermeidliche: Wir kommen nach einer etwa 130 km langen Fahrt nach Mexiko-Stadt, der mit ca. 20 Mio. Einwohnern größten Stadt der Welt. Die dünne Höhenluft (2240 m Seehöhe) wirkt wegen der katastrophalen Luftverschmutzung trotzdem recht dicht. Die Hauptursache für diesen Smog liegt in der Tallage der Stadt verbunden mit der Schwerindustrie, die sich ausgerechnet an der einzigen Öffnung des Tales durch die frische Luft in das Tal gelangen könnte, ansiedelte. Wegen dieser guten Höhenluft fällt unser Stadtrundgang auch relativ kurz aus. Wir besuchen den riesigen Hauptplatz (Zocalo) mit der Kathedrale und dem Nationalpalast, sowie den Palast der schönen Künste (Bellas Artes). Auch das anthropologische Nationalmuseum ist sehr empfehlenswert. Kurz besuchen wir auch noch die Universitätsstadt (mit den bekannten Fassaden), Xochimilco ("schwimmende Gärten"), die Basilika von Guadalupe (bekannte Wallfahrtsstätte) und die Schlangenpyramide in Tenayuca.


Abendstimmung bei Acapulco


Eine Bundesstraße im Süden Mexikos


Die Kuppel der Sternwarte Tonantzintla


Das Hauptfernrohr der Sternwarte Tonantzintla


Astronom am Hauptfernrohr


Kathedrale von Mexiko-Stadt